23.06.2022
Digitalisierung im Sport- und Eventbereich: Was Flensburg und das Wembley Stadion gemeinsam haben.
London, Wembely Stadium. Sitzreihen mit einer Gesamtlänge von 54 Kilometern. 688 Snack- und Getränke-Verkaufsstellen. 47 Fanshops. 2.618 Toiletten. 8 Restaurants. Regelmäßig bewegt sich in diesem Mammutgebäude die Einwohnerzahl einer großen deutschen Mittelstadt wie zum Beispiel Flensburg, um ein Länderspiel der Three Lions, ein Konzert von Adele oder ein anderes Event live zu erleben.
Logistische Herausforderungen für alle Beteiligten
Allein in Europa gibt es fast 80 Sportstadien mit einer Kapazität von über 50.000 Besuchern, in allen dürfte die Situation im Rahmen einer Großveranstaltung ähnlich sein. Meist öffnen sich dabei die Türen 90 Minuten vor Veranstaltungsbeginn. Wenig Zeit für 50.000+ Menschen, entspannt den Weg zum gebuchten Platz zu finden, sich dabei noch ein kühles Getränk zu sichern oder im Fanshop vorbeizuschauen.
Statt lockerer Vorfreude herrscht häufig vor allem Stress und Hektik, für nicht wenige Menschen oft ein Grund solche Veranstaltungen zu meiden, obwohl sie sich einen Besuch wünschen würden. Parallel ist es für die Stadionbetreiber essenziell, die Auslastung der stattfindenden Events so hoch wie möglich zu halten, um rentabel zu arbeiten.
Was also tun, um den negativen Stress zu verringern, das positive Fanerlebnis perfekt zu machen und die Besucher davon zu überzeugen, die bequeme heimische Couch zu Gunsten eines Vor-Ort-Besuchs zu verlassen? Wie immer ist auch hier das Zauberwort „Digitalisierung“, mit dem – zugespitzt ausgedrückt – heutzutage ja jedes Problem erschlagen werden kann.
Indoor Navigation via Smartphone
Und der Ansatzpunkt könnte einfacher nicht sein. Viele Arena-Betreiber und Fußballclubs stellen ihren Fans und Besuchern bereits iOS und Android Smartphone-Apps zur Verfügung, die alle wichtigen Informationen zum Club oder zum Veranstaltungsort enthalten. In diese kann mit überschaubarem Aufwand ein sogenanntes SDK (Software Development Kit) integriert werden, das eine Indoornavigation via Bluetooth möglich macht. Grundlage dafür ist eine Infrastruktur aus festinstallierten Bluetooth Low Energy Beacons, die die Referenzpunkte für eine Turn-by-Turn-Navigation im Inneren des Stadions mit einer Genauigkeit von um die 3-5 Meter bilden.
Neben den Blöcken kann jeder beliebige Ort (Snackpoint, Fanshop, Toilette, Aufzug, Rolltreppe etc.) im Stadion außerdem als Point of Interest (POI) hinterlegt werden. Der Besucher kann sich also via Indoornavi nicht nur bequem zu seinem Block navigieren lassen, sondern auch zu jedem anderen POI. Prinzipiell also ähnlich einer Navigation via GPS, die aber bekanntermaßen im Inneren von großen Gebäudestrukturen nicht funktioniert.
Neue Upselling- und Marketingpotential erschließen
Natürlich wird der gemeine Dauerkartenbesitzer eines Fußballbundesligaclubs jetzt sagen: „Was soll der Quatsch, ich weiß doch wo mein Platz ist, den finde ich schon noch ohne Indoor-Navi.“ Aber erstens sind Eventbesucher häufig nicht wiederkehrende Besucher, sondern eher nicht vertraut mit dem Veranstaltungsort. Hier kann eine detaillierte digitale interaktive Arena-Karte nämlich durchaus für gute Laune und – im Idealfall – auch für einen zweiten oder dritten Besuch sorgen. Das beste Beispiel für das Potential, das eine Indoor Navigation im Stadion bietet, sind Großveranstaltungen wie Fußball-Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften. Hier müssen sich riesige Mengen an Fans aus aller Welt in ihnen zumeist unbekannten Stadien zurechtfinden.
Zweitens lässt sich über die verbaute Bluetooth-Infrastruktur in Fan-Apps auch eine Proximity-Funktion integrieren, die – vorausgesetzt der App-Nutzer hat eine Standort- und Mitteilungsfreigabe erteilt – bei der Annäherung an einen bestimmten POI eine Push-Nachricht triggern kann. Diese kann orts-, zeit- oder regelbasiert sein und zum Beispiel Hinweise auf tagesaktuelle Merchandising-Angebote oder Rabattcodes für Shops oder Snackpoints enthalten oder den Nutzer auf Fanaktionen, die gerade in seiner Nähe im Stadionumlauf stattfinden, aufmerksam machen. Die App wird damit zum Live-Kommunikations-Instrument, das beim Besucher/Fan für ein gutes Gefühl sorgt und dem Anbieter ganz nebenbei noch hohes Upselling- und Marketingpotential bietet.
Eine Win-Win-Situation also für beide Seiten. Clubs bzw. Arena-Betreiber, die mit wenig Aufwand unendlich viele Marketingaktivitäten realisieren können und entspannte, gut informierte Besucher, die den perfekten Tag im Stadion erleben. Woran aber selbst die präziseste Indoornavigation scheitern wird: dem Ball den Weg ins (aus Fansicht) richtige Tor zu weisen. Das Spiel bleibt also trotz aller digitalen Tricks spannend 😉.
Photo Credit: Credit: Kwh1050, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons